POC-Tests im Praxisalltag
Eine einfache und schnell durchzuführende CRP-Messung am Point-of Care bei infektiösen Patienten unterstützt Mediziner bei der Entscheidung einer Antibiotikaverschreibung.
Experten Gespräch
MUDr. Christoph Daxl-Krause
Facharzt für Allgemeinmedizin
in der Facharztpraxis für Allgemeinmedizin in Eggenfelden / Bayern
Das Anliegen von MUDr. Christoph Daxl-Krause ist es, einer unnötigen Gabe von Antibiotika entgegenzuwirken, um multiresistente Erreger einzugrenzen. Aidian Germany hat den Mediziner befragt, welche Risiken Antibiotikaresistenzen bergen und wie wir mithilfe von POC-Diagnostik Antibiotika nachhaltiger einsetzen können.
Aidian | R. Fuller: Guten Tag Herr Dr. Daxl-Krause, Sie sind Teil der ABS-Initiative. Bitte erläutern Sie uns, was ABS ist und wie wichtig sie für das Gesundheitswesen ist.
MUDr. Daxl-Krause: ABS, steht für Antibiotic Stewardship und ist ein Konzept für den verantwortungsvollen, gezielten Einsatz von Antibiotika bei Infektionskrankheiten. Für Ärzte bedeutet es, ein Antibiotikum nur zu verschreiben, wenn die Notwendigkeit eindeutig nachgewiesen ist. So soll verhindert werden, dass multiresistente Bakterien entstehen, die Resistenzen gegen Antibiotika entwickeln, sodass wir zukünftig keine wirksamen Mittel mehr gegen sie haben.
Aidian | R. Fuller: Es wurden Einsparpotenziale in Metastudien durch Point-of-Care Diagnostik mit CRP-Messungen nachgewiesen. Der CRP-Schnelltest wird seit 2019 durch einen Selektivvertrag in Bayern von AOK und DAK finanziell gefördert. Inwiefern trägt ein CRP-Schnelltest zur ABS-Zielsetzung bei?
MUDr. Daxl-Krause: Das CRP, ein Entzündungsmarker, ist unspezifisch und kann auf Entzündungen im Körper hinweisen. Ein erhöhter Wert ist ein guter Hinweis auf das mögliche Vorliegen einer schweren Infektion, oft bakterieller Natur, die eine Antibiotika-Therapie erfordert. Durch Bestimmung des C-reaktiven Proteins kann ich fundierter entscheiden, ob ein Antibiotikum verabreicht werden sollte. So wird die Diagnose präziser und ein Antibiotikum wird nur verschrieben, wenn eine ernsthafte Infektion vorliegt.
Aidian | R. Fuller: Was war für Sie der entscheidende Faktor POC-Tests einzuführen?
MUDr. Daxl-Krause: Die Einführung von POC-Tests war für uns von entscheidender Bedeutung, um unseren Patienten eine schnelle und gezielte Therapieentscheidung zu ermöglichen. Ohne POC-Tests müsste ich Blut abnehmen, es ins Labor schicken und den CRP-Wert erst am nächsten Tag erhalten. Der Patient muss erneut einbestellt und informiert werden, was oft nicht effektiv ist. Patienten benötigen und wünschen jedoch eine sofortige Lösung. Mit POC-Schnelltests kann ich meine Patienten direkt in der Sprechstunde versorgen. Durch eine einfache Kapillarblutentnahme lässt sich der CRP-Wert genau bestimmen, sodass ich unmittelbar und fundiert über die passende Therapie entscheiden kann.
Aidian | R. Fuller: Wie wird der CRP-Schnelltest in Ihren Praxisalltag integriert und wie beeinflusst dieser die Therapieentscheidung bzw. den Behandlungsverlauf?
MUDr. Daxl-Krause: Während der Coronapandemie haben wir ein Konzept zur Behandlung von Patienten mit grippalen und gastrointestinalen Infekten entwickelt, um nicht-infektiöse Patienten zu schützen. Da sich dieses Konzept als sinnvoll erwiesen hat, setzen wir es weiterhin um. Wir betreuen viele multimorbide und ältere Patienten, die ich selbstverständlich vor infektiösen Patienten schützen möchte. Deshalb leiten wir alle Patienten mit grippalen Infekten in einen separaten Sprechstundenbereich. Dort erhalten sie mithilfe des Point-of-Care-Systems automatisch einen CRP-Schnelltest, der uns bereits während der klinischen Untersuchung eine wertvolle Orientierung bietet. So können wir bei Bedarf rasch eine Antibiotika-Therapie einleiten oder, idealerweise, darauf verzichten. Der POC-Schnelltest ist für uns somit unverzichtbar geworden. Ein klassisches Beispiel im Sommer sind Insektenstiche. Kommen Patienten mit einem geschwollenen Arm nach einem Wespen- oder Mückenstich in unsere Praxis, stellt sich die Frage, ob es sich um eine lokal toxische Reaktion, eine lokale allergische Reaktion oder um eine bakterielle Superinfektion handelt, die schnell gefährlich werden kann. Auch hier ist der CRP-Schnelltest eine unverzichtbare Entscheidungshilfe. Mit einem kurzen Stich in den Finger erhalten wir in Kürze einen verlässlichen CRP-Wert, der uns ermöglicht, fundierte Entscheidungen zu treffen und unnötige Antibiotikaverordnungen bei den meisten Insektenstichen zu vermeiden.
"Die Einführung von POC-Tests war für uns von entscheidener Bedeutung."
Aidian | R. Fuller: Wie stark hat sich seit der Einführung des CRP-Schnelltests die Verordnungsrate von Antibiotika und auch der Behandlungserfolg Ihrer Patienten ausgewirkt?
MUDr. Daxl-Krause: Konkrete Zahlen kann ich nicht nennen, aber die Auswertungen der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns zeigen, dass die Anzahl der Antibiotikaverordnungen zurückgeht, ohne dass der Behandlungserfolg darunter leidet. Auch wir verschreiben deutlich weniger Antibiotika, weil wir die Verordnung gezielt steuern. Wir identifizieren Patienten, die kein Antibiotikum benötigen, da sie auch ohne dessen Einsatz genesen. Ein grippaler Infekt, der in der Regel durch Rhinoviren oder Adenoviren verursacht wird, erfordert ebenfalls kein Antibiotikum – es wäre schlicht wirkungslos. Ich kann mit Sicherheit sagen, der Behandlungserfolg ist weiterhin hoch und die Anzahl der Antibiotikaverordnungen hat abgenommen.
Aidian | R. Fuller: Was sind mögliche Hindernisse für eine breitere Einführung von CRP-Schnelltests?
MUDr. Daxl-Krause: Das einzige Hindernis, ist möglicherweise die begrenzte Verfügbarkeit von Testgeräten und das fehlende Bewusstsein bei Kollegen über Existenz und Nutzen präziser Point-of-Care-Testgeräte, die sich nahtlos in den Praxisalltag integrieren lassen. Ehrlich gesagt, sehe ich keinen Grund, warum ein POC-Testgerät nicht in jede Praxisroutine eingebunden werden sollte.
Aidian | R. Fuller: Haben Sie einen Rat für Einrichtungen, die CRP-Schnelltests als Teil der ABS-Initiative einführen möchten?
MUDr. Daxl-Krause: Ich rate, tun Sie es, probieren Sie es aus. Ich bin überzeugt, dass jeder, der ein solches Gerät in seiner Praxis eingesetzt hat, es nicht mehr missen möchte. Gerade im Hinblick auf die Problematik multiresistenter Keime und zum Wohle der Patienten kann ich ein POC-Instrument wärmstens empfehlen.
Aidian | R. Fuller: Wie werden die POC-Tests von Ihren Patienten angenommen?
MUDr. Daxl-Krause: Unsere Patienten nehmen das Konzept sehr gut an. Wir praktizieren diese Vorgehensweise schon seit einiger Zeit, und inzwischen fragen die Patienten sogar von sich aus nach der Bestimmung ihres CRP-Wertes. Der Test bietet uns einen wertvollen, verlässlichen Anhaltspunkt, auf dessen Basis wir die weitere Behandlung sicher und fundiert entscheiden können.
Aidian | R. Fuller: Wie beurteilen Sie die Einstellung von Ärzten im allgemeinen in Bezug auf den Stellenwert der Sofortdiagnostik mit Point-of-Care-Geräten und entsprechenden Tests?
MUDr. Daxl-Krause: Ich denke, dass sich derzeit viel bewegt und das Bewusstsein für Point-of-Care-Diagnostik zunehmend wächst. Natürlich gibt es noch einiges aufzuholen, aber wir sind auf einem guten Weg, solche Geräte flächendeckend zu integrieren.
Aidian | R. Fuller: Vielen Dank für Ihre Zeit und für das gute Gespräch, Herr Dr. Daxl-Krause.
Bitte füllen Sie die nachstehenden Felder aus und kreuzen Sie die gewünschten Details an. Vielen Dank.