Die Rheuma Bustour

Die Rheuma Bustour

Vom 26. bis 30. August 2024 war der Rheumabus in Rheinland-Pfalz unterwegs und machte in fünf Städten Halt. Dieses mobile Labor bietet Menschen die Möglichkeit, ihre Gesundheit direkt vor Ort zu überprüfen.

Experten Gespräch

Dr. rer. physiol. Matthias Dreher
Schwerpunkt Rheumatologie und klinische Immunologie Universitätsmedizin Mainz

Dr. rer. physiol. Matthias Dreher
Dr. rer. physiol. Matthias Dreher

Vom 26. bis 30. August 2024 war der Rheumabus in Rheinland-Pfalz unterwegs und machte in fünf Städten Halt. Dieses mobile Labor bietet Menschen die Möglichkeit, ihre Gesundheit direkt vor Ort zu überprüfen. Besonders Entzündungswerte die bei einigen rheumatischen Erkrankungen erhöht sein können, lassen sich mit modernen Point-of-Care-Tests, wie einem schnellen CRP-Test, sicher erfassen. Die Aktion bringt Diagnostik direkt zu den Menschen und ermöglicht Patienten und Ärzten wertvolle Einblicke in die Chancen der mobilen Gesundheitsversorgung. Erfahren Sie in diesem Interview mit Dr. Matthias Dreher mehr über die Hintergründe und die Zukunft dieses Projekts. Die Fragen stellte Robert Fuller, Key Account Manager bei Aidian.

Rheuma Bustour 2024 in Rheinland-Pfalz
Rheuma Bustour 2024 in Rheinland-Pfalz

Was ist Rheuma und welche Symptome treten in der Regel bei Betroffenen auf?

Dr. M. Dreher: Rheuma umfasst rund 200 Krankheitsbilder, darunter rheumatoide Arthritis, Psoriasis-Arthritis, ankylosierenden Spondylitis, Kollagenosen und Vaskulitiden. Die Symptome sind vielfältig, überschneiden sich oft und können die Überlappung zu einer anderen Erkrankung begünstigen.

Ziel der Rheuma Bustour ist es, auf die Früherkennung von Rheuma aufmerksam zu machen. Wie ist der Bus ausgestattet, um dies zu gewährleisten?

Dr. M. Dreher: Die Geschichte des Rheuma-Busses begann bescheiden mit einem kleinen Sprinter und einem siebeneinhalb Tonnen Lkw, der vor allem Informationsmaterial in kleinere Orte brachte. Heute sind wir mit einem 37-Tonner unterwegs mit drei Räumen: Zwei dienen als Arztzimmer für Beratungsgespräche, der dritte Raum ist ein Minilabor für CRP-Analysen und Blutentnahmen. Zusätzlich kommen moderne Technologien wie ein Ultraschallroboter und mobile Informationsstände zum Einsatz. Unser Rheumabus hat sich von einem kleinen Sprinter zu einer vollständig ausgestatteten mobilen Arztpraxis entwickelt.

Erklären Sie bitte den Zusammenhang von CRP-Werten mit Entzündungen und rheumatischen Erkrankungen und wie ein CRP-Point-of-Care-Test bei der Früherkennung hilft.

Dr. M. Dreher: Viele rheumatische Krankheitsbilder zeigen in der aktiven Phase oder während eines Schubs erhöhte Entzündungswerte, darunter auch das CRP. Das kann wertvolle Hinweise für die Diagnostik liefern, insbesondere wenn äußerliche Symptome beim Patienten nicht sofort sichtbar sind. Obwohl CRP ein unspezifischer Entzündungsmarker ist, der lediglich eine Entzündung anzeigt, ist er dennoch hilfreich.

Wie unterscheiden Sie bei einer CRP Erhöhung rheumatische Erkrankungen von anderen entzündlichen Ursachen?

Dr. M. Dreher: Der Vorteil des CRP-Tests liegt darin, dass er zwar unspezifisch ist, aber dennoch erhöhte Entzündungswerte anzeigt. In Kombination mit den ärztlichen Gesprächen, Ersteinschätzungen und dem Screeningbogen bietet er eine gute Grundlage für eine rheumatische Verdachtsdiagnose. Der große Vorteil des CRP-POC-Tests ist, dass man innerhalb von zehn Minuten ein Ergebnis erhält, während man bei Tests wie HLA-B27 oder CCP-Antikörper auf die Ergebnisse oft bis zum nächsten Tag warten muss. Eine schnelle erste Einschätzung ist in vielen Fällen sehr hilfreich.

Zu welchem Zeitpunkt eines Besuchs beim Rheumatologen empfehlen Sie den CRP Schnelltest?

Dr. M. Dreher: In einer akuten Beschwerdephase, während eines Schubs, fällt es Patienten ohne Diagnose oft schwer, die Symptome richtig einzuordnen. Sie bemerken Schwellungen, Schmerz, Überhitzung, Morgensteifigkeit und andere typische Anzeichen, wissen jedoch oft nicht, dass diese auf Rheuma hindeuten könnten. In solchen Fällen wenden sie sich meist an den Hausarzt. Da es an Rheumatologen mangelt, setzt sich die rheumatologische Fachgesellschaft dafür ein, Hausärzte besser auf die Erkennung rheumatischer Erkrankungen vorzubereiten. Dazu gibt es Hilfsmittel wie die „Rheuma-VOR-App“, die Leitlinienkriterien in eine KI-gestützte App integriert. Diese App speist rückwirkend Diagnosedaten ein, um den Algorithmus ständig zu verbessern. Eine akute Beschwerdephase ist für die Diagnose besonders wertvoll, da die Entzündungswerte dann oft aktiv sind und die körperlichen Symptome sichtbarer. Wenn jedoch bereits ein Arzt – etwa in der Erstversorgung – Kortison verabreicht hat, kann dies die Diagnose erschweren, da die Symptome dadurch oft gemildert werden.

Der CRP-Wert unterstützt die rheumatische Verdachtsdiagnose.

Welche Nachsorge gibt es für Patienten, bei denen die Früherkennungsuntersuchung vor Ort auf Rheuma hindeuten?

Dr. M. Dreher: Das Problem des Mangels an Rheumatologen erschwert die Versorgung. Jedoch haben wir kooperierende Rheumatologen in der Region, die bereit sind, akute Fälle zu übernehmen, die Erstdiagnose zu stellen und die Patienten langfristig weiter zu betreuen. Rheumatische Patienten benötigen aufgrund ihrer Erkrankung eine intensive Betreuung und sollten alle drei Monate zur Kontrolle gehen. Ebenso versuchen wir, die Kapazitäten in den Zentren zu erhöhen, was durch die kürzlich erteilte ASV-Zulassung etwas erleichtert wird. In Rheinland-Pfalz, insbesondere in Bad Kreuznach und Mainz, nehmen die Ambulanzen viele Patienten auf. Die Betroffenen sind oft bereit, bis zu anderthalb Stunden zu fahren, um eine rheumatologische Betreuung zu erhalten, da sie froh sind, überhaupt einen Termin zu bekommen. Die Situation verschärft sich, weil in Rheinland-Pfalz zunehmend rheumatologische Praxen altersbedingt schließen, oft ohne Nachfolger – sogar in größeren Städten wie Koblenz, Trier, Wittlich oder Landau. Ohne Ersatz sind viele Patienten auf Klinikambulanzen angewiesen. Diese sind jedoch kapazitär auch oft ausgelastet, da die Versorgung durch niedergelassene Praxen immer schlechter wird.

Wenn bei der Rheuma Bustour Verdachtsfälle erkannt wurden, wie schnell haben diese einen Termin bekommen?

Dr. M. Dreher: Zur Bestätigung oder Ausschluss der Verdachtsdiagnose wurde eine zeitnaher Termin in der Rheumaambulanz im Rheumazentrum vermittelt.

Rheuma Bustour 2024 Komitee
v.li.: Prof. Dr. Andreas Schwarting, Präsidentin der Rheuma Liga | Rotraut Schmale-Grede | Ministerpräsident Clemens Hoch | Prof. Philipp Drees, Ärztlicher Direktor Orthopädie Uni Mainz

Können CRP-Schnelltests rheumatische Erkrankungen früh erkennen und die Behandlung verbessern?

Dr. M. Dreher: Die Frage ist knifflig, weil die Messung des C-reaktiven Proteins (CRP) im Blutbild oft als Standardverfahren bei entzündlichen Erkrankungen durchgeführt wird. Besuche ich den Hausarzt wegen einer unspezifischen Entzündung, ist ein erhöhter CRP-Wert am nächsten Tag meist schon bekannt. Bei der Rheuma Bustour hingegen ist die direkte Messung des CRP-Werts vor Ort ein großer Vorteil. Innerhalb von nur zwei oder zehn Minuten erhalten wir ein genaues Ergebnis und können so feststellen, ob eine Entzündung vorliegt und wie stark sie ausgeprägt ist. Dieser unmittelbare Wert gibt ein viel umfassenderes Bild der Erkrankung. Für uns war diese schnelle, präzise Messung ideal. In einem breiteren Kontext, etwa bei Vorsorgeuntersuchungen, könnte ein solcher Schnelltest auch sehr nützlich sein. Ähnlich wie bei mobilen Laktatmessgeräten im Sportbereich, könnte ein schneller CRP-Test die Diagnostik beschleunigen, wenn man auf ein mobiles Setting angewiesen ist.

Wie viele nahmen an der Rheuma-Bustour im August teil, wurden getestet, und bei wie vielen empfahl man weitere Untersuchungen?

Dr. M. Dreher: Wir starteten die Tour mit 600 Fragebögen, die wir wegen großer Nachfrage um 250 Exemplare ergänzten. Insgesamt erfassten wir ca. 700 Fragebögen. Von den Besuchern ließen knapp 500 Personen einen CRP-Test durchführen. Rund 205 Personen mit Rheumaverdacht wurden einer Ultraschalluntersuchung unterzogen. Basierend auf den Fragebögen, den Untersuchungsergebnissen und den ärztlichen Gesprächen luden wir 128 Patienten zu einer weiteren Untersuchung ein. Ungefähr 15–20 dieser Patienten benötigten eine stationäre Aufnahme, während ein Dutzend, bereits bekannte Rheumapatienten, zur ambulanten Weiterbehandlung überwiesen wurden. Bei 90–100 Personen bestand der Verdacht auf eine bisher unbekannte rheumatische Erkrankung, die weiter untersucht wurde. Die Rheuma Bustour zeichnet sich durch die offene Struktur aus. Neben Früherkennung und Aufklärung bieten wir akut Erkrankten die Möglichkeit einer schnellen Untersuchung und Behandlung. So konnten wir auch Patienten mit einem Schub ambulant oder stationär versorgen.

Vielen Dank, Herr Doktor Dreher, für das Gespräch und alles Gute.